Sonntag, 13.03.2011 - 16 Uhr Estadio da Madeira, Funchal
Im Jahr 2000 wurde das auf ca. 400 Metern hoch über der Hauptstadt Funchal befindliche „Estadio da Madeira“ umrahmt von Bergen und Eukalyptuswäldern erbaut und gehört von der Lage her sicherlich zu einem der schönst gelegenen Fußballtempel in Europa. Eigentümer dieser wirklich gelungen Spielanlage ist der 2002 in die Erste portugiesische Fußballliga aufgestiegene Verein „Clube Desportivo Nacional Madeira“. Bereits vor elf Jahren hatte ich die „Blumeninsel“ Madeira bereist, um mir CS Maritimo Funchal anzuschauen. Mittlerweile vertritt mit dem Lokalrivalen CD Nacional nun ein weiterer Vertreter das Eiland in der „Liga Zon Sagres“. Ähnlich wie in Norwegen wurden die Namensrechte der ersten Liga an ein Telekommunikationsunternehmen und eine große portugiesische Brauerei abgetreten. Der glückliche Zufall brachte es, dass ich von einem örtlichen Sportgeschäft zwei Freikarten für das Ligaspiel gegen „Academica de Coimbra“ geschenkt bekam und so konnten meine Frau und ich den ältesten
Fußballclub Portugals kostenlos live erleben. Auch Madeira kann in Sachen Fußballtradition locker mit diesem sympathischen Vertreter mithalten. Eine Gedenktafel auf dem Platz „Largo da Achada“ erinnert in Camacha daran, dass der Engländer Harry Hinton 1875 einen Fußball aus seiner Heimat importierte und das erste Fußballspiel Portugals ausgerechnet auf Madeira inszenierte. Übrigens stammt auch Weltklassefußballer Christiano Ronaldo aus diesem Ort und wurde in seinen fußballerischen Anfangsjahren sicherlich von diesem Spiel inspiriert. Der Zufall der kostenlosen Eintrittskarten führte uns in den Gästeblock, der nur unzureichend vor dem nun sintflutartig einsetzenden Regen gesichert war.
Außer uns Gästen aus Deutschland waren auch ca. 40 Anhänger aus Coimbra angereist, die in kürzester Zeit vom Regen bis auf die Knochen durchnässt wurden. Meine Frau hatte sich mittlerweile in die Vereinskneipe gerettet und ich suchte mir einen schützenden Platz an der Überdachung der Radiomoderatorenkabinen. Aus dieser Position konnte ich nun den maschinengewehrartigen Satzgewittern des Radiokommentators aus Coimbra folgen. Das Spiel begann trotz der miserablen äußeren Bedingungen pünktlich. Das Team aus Coimbra, das sich noch bis in die 1960er Jahre hinein lediglich aus Studenten der hiesigen Universität zusammensetzte, begann mit einer sehr defensiv ausgerichteten 4-5-1-Taktik. Diese Spielvariante stellte das Heimteam vor erhebliche Schwierigkeiten, sodass beim CD Nacional kein Spielfluss aufkommen wollte. Im Gegenteil, Academica Coimbra war spätestens nach fünfzehn Spielminuten das dominierende Team und die Zuschauer mussten sich schon wundern, das Nacional gegen den 14. der
Liga keine spielerischen Mittel fand. Immer wieder setzte Academicas schwarze Perle Addy von der linken Abwehrseite aus zu leidenschaftlichen Angriffen an, die das Heimteam von einer Verlegenheit in die nächste stürzte und den Radiomann aus Coimbra zur verbalen Höchstform auflaufen ließ. Als der Schiedsrichter den Pausenpfiff ertönen ließ, konnte sich das Team und das Heimpublikum aus Funchal bei seinem Torwart Rafael Bracali und den Unzulänglichkeiten der Stürmer aus Coimbra bedanken das es noch 0:0 stand.
Heimcoach Predrag Jokanovic hatte zu Beginn der zweiten Halbzeit die richtigen Worte gefunden und sein Team zeigte zumindest 15 Minuten, weshalb es in der letzten Saison in der Europaliga mitwirken durfte. Mit Aggressivität und Elan wurden die gedanklich noch in der Pause befindlichen Gäste in ihrer eigenen Hälfte eingeschnürt. Die Konsequenz war in der 61. Spielminute das 1:0 durch Madeiras Orlando Sa, der eine Flanke von links in Direktabnahme auf den rechten Torpfosten verlängerte. Den Abpraller beförderte er im Stil eines Klassestürmers an der völlig konsternierten Abwehr Coimbras vorbei in das Tor der Universitätsstädter. Der Jubel des Heimpublikums sollte nur kurz anhalten. Wer jetzt gedacht hätte, der völlig in schwarz gekleidete und vom Abstiegsgespenst verfolgte Club aus Coimbra würde sich nun in sein vorherbestimmtes, trauriges Schicksal ergeben, sah sich angenehm enttäuscht. Erneut übernahm Academica das Kommando und zeigte sich überlegen. Allerdings tat es schon
weh, wie sich Coimbra phasenweise zu Tode kombinierte und dabei vergaß auf das gegnerische Tor zu schießen. Erst nachdem sich der äußerst agile Außenverteidiger Addy an der nun immer unsicher wirkenden Abwehr von Madeira abgearbeitet hatte und folgerichtig für einen weiteren Stürmer ausgewechselt wurde und Gästetrainer Rui Rodrigues auch noch den im defensiven Mittelfeld wirkenden Nuno Coelho durch eine Offensivkraft ersetzte, wurde die Schlussphase von Academica mit brachialer Offensivkraft eingeläutet.
Madeiras Torwart musste ein ums andere Mal Kopf und Kragen riskieren, um nicht den Ausgleich hinnehmen zu müssen. Nachdem sich die Zuschauer schon auf einen schmeichelhaften Heimsieg einrichteten, war der Keeper in der zweiten Minute der Verlängerung allerdings dann doch machtlos, als Academicas eingewechselter Mittelstürmer Laionel per Kopfball den mehr als verdienten Ausgleichstreffer erzielen konnte. Froh und vergnügt konnten die Fans aus Coimbra den Punktgewinn im Estadio da Madeira feiern. Heimtrainer Jokanovic war aufgrund der gezeigten Leistungen seines Teams alles andere als zum Feiern zu Mute und erklärte nach Spielschluss überraschend seinen Rücktritt. In der portugiesischen Tageszeitung „Diario Cidade“ sprach er von Anfeindungen aus der Fangemeinde und unprofessionellen Bedingungen die ihn zum Aufgeben bei Nacional bewegten. Zu hoffen ist, das Madeira trotz dieses Zustands auch kommende Saison von dem Verein auf europäischer Ebene vertreten werden kann, denn bei
Lokalkonkurrent CS Maritimo sieht es zurzeit noch trostloser aus. Ulf
Nun ging es wohl zum Highlight unser kleinen Reise nach Portugal. Bereits an der Abfahrt war doch einiges zugeparkt und man entschloss sich für das Parkhaus. Für 4€ auch ganz okay. Vor dem Ground war bereits einiges los rd. 2h vor Kick off. Die Sporting Supporter sangen sich warm und auf der Suche nach den bestellten Tickets bekam man noch den Anmarsch der Benfica Fans zu sehen. Die kamen zu Fuß, was ja auch kein großes Problem darstellt. Sind es doch gerade einmal 2 km bis um Benfica Ground. Auch wenn der FC Porto in den letzten Jahren das Maß der Dinge in Portugal war, sind Benfica und Sporting eigentlich die 2 Vereine in Portugal. Benfica mit 30 Meisterschaften der Rekordmeister, 2 Europacup Erfolge in den 60er Jahren sind auf der Visitenkarte zu finden. Spieler wie Eusebio haben weltweiten Bekanntheitsgrad in den 60er Jahren erreicht. In den 80er und 90er Jahren schaffte man noch mal das Endspiel im EC der Landesmeister, was allerdings gegen den PSV Eindhoven verloren ging. Aktuell versucht man wieder an alte Zeiten anzuknüpfen. Trainiert wird übrigens die Mannschaft von Geovanni Trappatoni. Bekanntester Spieler ist aktuell sicher Nuno Gomes, der seine große zeit bei der Euro 2000 hatte. Sporting hat immerhin 17 Meistertitel auf der Habenseite und wurde in den letzten Jahren vom FC Porto überholt. Ein Europacupsieg im Pokalsiegerwettbewerb konnte verbucht werden. In den letzten Jahren wurde 2000 der Titel geholt, als ein gewisser Schmeichel im Tor stand. Die bekanntesten Spieler sind die 3 Brasilianer Liedson, Rochemback und Geovanni. Die letzten beiden waren einige Zeit auch einmal beim FC Barcelona tätig. Man könnte sagen, das hier Bayern auf Dortmund trifft (wenn man es auf deutsche Maßstäbe ansetzen will), nur mit dem Unterschied das beide aus einer Stadt kommen Dazu haben die beiden Clubs Anhänger im ganzen Lande. Das Derby hat eigentlich eine höhere Wertigkeit als Spiele gegen den Rivalen aus dem Norden (FC Porto). Evtl. sollte man noch erwähnen das es in der gesamten Geschichte der Fußballmeisterschaft in Portugal nur 5 verschiedene Teams die Meisterschaft gewinnen konnten. Nur 1946 gelang es Belenenses Lissabon in die Dominanz der 3 Teams Sporting, Benfica und FC Porto einzubrechen und Anfang des neuen Jahrtausend gelang dem Lokalrivalen vom FC Porto, Boavista, das gleiche Kunststück. Bisher kamen alle Meister des Landes aus 2 Städten. In dieser Saison ist die Liga recht ausgeglichen und die beiden Clubs liegen punktgleich auf den Plätzen 2 und 3 - einen Punkt hinter dem FC Porto. Dazu sind auch noch Sporting Braga und Boavista Porto noch oben mit dabei. Der Ground von Sporting wurde für die Euro umgebaut und ist daher ein Allseater. Allerdings doch mit etwas mehr Phantasie als die vielen Einheitsbauten in England oder Holland. Komplett überdacht und mit Sitzen in den "Smartiesfarben". Dazwischen allerdings auch das Grün von Sporting in einer Art "Wellenform". Der Ground füllte sich bis zu Spielbeginn auf 49.100 (offiziell). Es waren ein paar Plätze da und dort frei, aber viel paßte wirklich nicht mehr hinein. Zum Intro boten die Sporting Anhänger eine Fahnenchoreo, ein Kassenrollenintro sowie eine große Blockfahne. Die Suppporter standen hinter beiden Toren und waren durchaus aktiv. Die Gäste waren in einem Eckblock untergebracht. Hier fand man ca. 2.500 Anhänger. Der Rest verteilte sich im Ground, so dass es während des Spiels immer mal zu kleinen Scharmützeln auf der Tribüne kam. Das Spiel war eigentlich von der 1. Minute an recht hektisch. Wenig Tormöglichkeiten, allerdings ein klares spielerisches Übergewicht bei Sporting. So fiel Mitte der 1. Halbzeit das 1:0 durch Liedson. Fast postwendend der Ausgleich durch Nuno Gomes. Danach gab es eine Notbremse und die rote Karte für Rui Jorge auf Seiten von Sporting. So schnell wendet sich das Blatt. Bis zur Pause tat sich aber nichts mehr. Benfica wusste mit der zahlenmäßigen Überlegenheit nichts anzufangen. Zur 2. Halbzeit gab es noch einmal eine kleinere Blockfahne und kontrolliertes Abbrennen von grünen Rauchfackeln auf Seiten von Sporting. Dazu machte Sporting in Unterzahl Dampf. So gab es eine weitere Notbremse - dieses mal auf der Seite von Benfica - auch hier korrekt, was man im Fernsehen anschließend recht klar sah. Danach machte Sporting sofort Druck und Liedson sorgte für die umjubelte Führung ca. 5 min nach der Hinausstellung. Nun war richtig was los im Ground. Die gesamte Masse stand und hüpfte und sang. Teilweise wurde eine doch sehr geniale Lautstärke erreicht. Benfica hatte nicht mehr die Kraft und die Möglichkeiten noch einmal zurück zu kommen. So spielte Sporting den Sieg nach Hause. Die ein oder andere Kontermöglichkeit hätte eher das 3:1 gebracht, als das Benfica hätte ausgleichen können. Sicher ein verdienter Sieg, da weit mehr das Spiel bestimmt. Man genoss noch ein wenig die Atmosphäre und machte sich dann auf den Heimweg. Der Abfahrtsstau wurde geschickt umfahren und im Hotel der Tag gewürdigt. Sicher haben wir heute wohl eins der Spiele in Portugal / Spanien gesehen. Jürgen
Und wieder hatte ich keine Kosten und Mühen gescheut, um die unendlichen Weiten der Fußballwelt zu ergründen. Die Reise führte von ende Juli für zwei Wochen, in das neun Inseln umfassende Archipel der Azoren. Die östlichste Insel Santa Maria liegt von der westlichsten Insel Flores nahezu 600 km entfernt. Mit dem Schiff braucht man vom portugiesischen Festland, bis zu der von der portugiesischen Regierung zur autonom erklärten Inselgruppe (siehe auch mein Bericht zu Madeira), vier Tage. Bemerkenswert auch die Flora und Fauna, Hortensien und wilder Ingwer wächst wie Unkraut auf den Inseln, die Tierwelt wäre sicherlich für Heulsuse Andy Möller interessant. Als Wappenvogel würde ich für den Ex-Nationalkicker den kleinen azoreanischen Sturmtaucher vorschlagen, der mich jeden Abend in der Dämmerung durch seine klar zu vernehmenden Aua,Aua...aaah-Rufe begeisterte. Jetzt aber zum eigentlichen Thema: Ziel war der Aufsteiger in die 1. portugiesische Division und gleichzeitig amtierende Meister der 2. Division, Clube Desportivo Santa Clara. Der Club hat seinen Sitz in Ponta Delgada auf der Insel Sao Miguel, die mit dem Flugzeug von Deutschland aus im Direktflug in ca. 5 Stunden zu erreichen ist. In Ponta Delgada angekommen, sollte man allerdings nicht den Fehler machen, den Stadtteil Santa Clara - nach dem der Club benannt wurde anzusteuern, um das Stadion zu erreichen. Das Stadion liegt in entgegengesetzter Richtung außerhalb der Stadt, an der Ortsgrenze zu dem Ort Faja de Baixo. Der SC Lusitania fing sich beachtlich schnell und antwortete in der 45. Spielminute mit dem 1:1 Pausenstand. Vorausgegangen war eine sehenswerte Kombination der zwei schwarzen Perlen des Clubs aus Terceira. Nach dem Wechsel wurde das von beiden Mannschaften auf beachtlich hohem technischen und läuferischen Niveau geführte Match, stets offen gehalten. Letztlich setzte sich die höhere Erfahrung und spielerische Reife des Neu-Erstligisten durch. Besonders erwähnenswert waren auch die stets fairen Zuschauer, die bei dem zwischenzeitlichen Ausgleich der Gäste anerkennend Beifall klatschten. Dieses Verhalten zeugt von dem hohen Sachverstand der anwesenden Fans, war der Treffer doch wirklich sehenswert. Die Beteiligung und Kreativität der Fans war schon eine Klasse für sich, so gab es eine Blaskapelle a la SV Meppen und zwei unabhängig voneinander operierender Ultras-Fangruppen. Eine eigene Homepage haben diese Fans auch im Netz, ist außer einer schönen Grafik auf der Startseite, die die Umrisse der Insel Sao Miguel darstellt, eher unbedeutend. Zu finden ist sie unter : www.santacanalha.cjb.net . Interessanter und informativer ist schon eher die offizielle Homepage des Vereins ! www.cdsantaclara.pt . Das portugiesische Ultras Internationalisten sind und was portugiesische Ultras von Rassisten halten, erfahrt ihr am besten unter der auch englischsprachig angebotenen Page: www.7mares.terravista.pt/u.c.r. Zuletzt möchte ich mich bei allen Azoreanern und speziell bei Herrn Manuel Carlos, dem Chefcoach des CD Santa Clara bedanken. Vielen Dank für die unbeschreibliche Gastfreundschaft und das mir während meines Aufenthaltes entgegengebrachte Interesse. Des weiteren möchte ich mich bei Rosi + Jan, Ruth und Maxi für die Mithilfe während des Aufenthaltes auf Sao Miguel bedanken, ein ganz spezielles Servus geht an Dan dem Spitzenfotografen aus der Schweiz (Deine Bilder sind mehr als Handwerk! Schicke mir neue Bilder vom CD Santa Clara). Falls ein Leser dieses Berichtes einen Urlaub auf den Azoren plant, besucht bitte Ihre Homepage: www.azoren4u.com Danke! Ulf
Santa Cruz/Madeira im März 2000
Die Boeing setzte pünktlich auf dem einzigen Flughafen der "Blumeninsel" zur Landung an. Kati und ich wurden am Airport-Ausgang von einem freundlichen Taxifahrer begrüßt, der uns in unser Hotel chauffieren sollte. In zügigem Tempo verliessen wir Santa Cruz, um auf der Küstenstrasse, die eher einer großen Baustelle glich, die Stadt Funchal anzusteuern. Die hiesige Supermarktkette "Hiper-SA" (seltsamer Name, der Tipper) wünschte uns, auf einem von der Sonne längst ausgeblichenen, haushohen Werbeplakat, ein schönes neues Jahr 2000 und schon waren wir in der ca. 160000 Einwohner großen Hauptstadt Madeiras. Über steile, kurvenreiche und enge Strassen ging es in das Zentrum Funchals. Überall wurde gebaut und so erwartete uns ein Inferno aus Abgasen, Staus und Baulärm. Doch nur gut, dass wir eine "Neckermann- Fortuna-Glücksreise" gebucht hatten. Fortuna stand uns bei und so verliessen wir glücklicherweise die verkehrsreichen Hauptstrassen, um unser Hotel anzusteuern. Angekommen erwartete uns ein ruhig gelegenes Hotel, von dem wir sofort unsere Erkundigungen aus starteten. Seit 1975, kurz nach der Nelkenrevolution, wird Madeira von Funchal aus, als autonome Region Portugals verwaltet. Es existiert nur ein Weg in die City, dass bedeutet, wie man sich denken kann dasselbe Szenario, wie auf dem Anfahrtsweg. Na gut, da mussten wir durch und so reihten wir uns in die Karawane von Pauschaltouristen ein , um unseren Urlaub zu beginnen. In der City angekommen überaschte uns ein positives Bild. Weitgestreckte Fußgängerzonen mit einladenden Cafés, Restaurants und Bars erwarteten uns, vom Strassen- und Baulärm keine Spur. Die Preise waren selbst an der Hafenpromenade erfreulich günstig. In einer kleinen Nebenstrasse dann, direkt in der Altstadt, wurde ich auf ein Graffiti aufmerksam: "Benfica-Merda" (Benfica ist Scheisse), prangte dort an der Mauer und verriet: Hier gibt es Fußballfans - ICH WAR NICHT ALLEIN! Am nächsten Tag führte uns unsere Exkursion zum Stadtpark, in dem sich die zahlreichen portugiesischen Liebespärchen allabendlich näher kommen. Kurz vor dem Park wies ein Verkehrsschild auf eine Sache hin, die wiederum meine Begierden zum Leben erweckten. ESTADIO (Stadion) stand dort zu lesen. Ich war Feuer und Flamme und wollte sofort hin. Das Stadion von Funchal (nur Sitzplätze, wie schade!) ist in eine Senke gebaut und von höheren Stadtteilen aus kommend kann man wunderbar kostenlos die diversen Spiele verfolgen. Doch wer spielte hier? Noch war meine Frage nicht beantwortet! Aber auch bei dieser Frage half Kommissar Zufall. Nachdem wir ca. eine Woche die Insel per Bus bzw. per Pedes erkundet hatten, mussten wir uns eingestehen, dass wir die versteckten letzten Winkel dieser wirklich wunderbaren Insel nur mit einem Leihwagen erreichen würden. Gesagt getan, wir machten uns auf, das Lokalbüro von Meckermann-Reisen in der Innenstadt Funchals aufzusuchen, um einen Wagen zu mieten. Ein Blick auf den Stadtplan sollte reichen um die Lage zu peilen. Da es sich um einen Stadtplan der örtlichen Touristeninformation handelte, waren natürlich auch alle kulturellen Gebäude aufgeführt und wie es der Zufall so wollte, hatte Schleckermann sein Büro direkt neben dem Fußball-Museum von CS MARITIMO DO MADEIRA, dem örtlichen Club. Dem Museum von CS MARITIMO war ein Fan-Shop angeschlossen. Ich betrat diesen, um eine gelangweilte Dame aus ihrer Lethargie zu reissen. Leider konnte die, von dem unerwarteten Ansturm, noch völlig geschockte Frau keine Fremdsprachen, sodass ich mein gesamtes Repertoire an Körpersprache einsetzen musste, um der guten Frau zu verstehen zu geben, dass ich mir gerne das vereinseigene Museum anschauen wollte.
Eine weitere, ähnlich gelangweilte Dame, die wohl mutmaßlich für den Bereich des Museums zuständig war, führte mich dann schließlich in die "heiligen Hallen" des CS Maritimo. Reich beflaggt und dekoriert mit diversen Vereinswimpeln zeigte sich die "Hall of fame". Massen von bis zu kindsgroßen Pokalen zeugten von der Tradition dieses Vereins. Nachdem ich brav meine Fotos machen durfte, begrüßte mich ein elegant gekleideter Mann, der wohl die Funktion des Geschäftsstellenleiters inne hatte, um mir Karten für das nächste Heimspiel zu verkaufen. Dankend lehnte ich ab ohne zu vergessen zu fragen, wo und wann das Spiel stattfinden würde. Am 19.03.2000 war es dann endlich soweit. Im Stadion "Dos Barreiros" wurde zum Spiel des 6. der "1a Liga Potugesa de Futebol Proffesional" CS Maritimo gegen SC Braga (10. Tabellenplatz) gebeten. Die Story des Spiels ist schnell erzählt. Mitte der 1. Halbzeit erzielte Madeira, nach einer sehenswerten Kombination, das einzige und entscheidende Tor in diesem, von beiden Mannschaften sonst niveaulos geführten, Spiel. Dank der farblosen Partie, nur der Referee brachte mehrmals Farbe ins Spiel (zig Mal Gelb und einmal Rot für den SC Braga), konnte ich mich um die kleine Fankolonie des CS Maritimo kümmern. Ein Dutzend "Ultras" im schulfähigen Alter, versuchte mit einem Megaphon für Stimmung auf den dünn besuchten Rängen zu sorgen. Hier spielte immerhin als Heimteam eine Mannschaft, die um den Einzug in den UEFA-Cup kämpfte (der Fünfte der portugiesischen 1a Liga ist direkt qualifiziert), doch das Match fand vor einer Geisterkulisse von vielleicht 2-3000 Zuschauern statt.
Die Erklärung hierfür war nicht lange zu suchen, man/frau musste nur auf seine Eintrittskarte schauen um zu begreifen, dass Fußball auf Madeira eher ein elitäres Vergnügen ist. Zwar ist die Arbeitslosigkeit auf Madeira in der Tat relativ gering und der Lebensstandard hat in der jüngsten Vergangenheit gewaltige Verbesserungen erfahren. So verdiente der Durchschnittsverdiener 1980 nur 28 Prozent des EG-Durchschnitts und 40% des portugiesischen. Mittlerweile verdienen die Madeirenser ca. 55-60% des EU-Durchschnitts bzw. 70 Prozent des portugiesischen Einkommens. Trotz alledem, umgerechnet 40 bzw. 25 DM sind für einen fußballverrückten Normalverdiener ein außerordentlicher Luxus und die Mannschaft muss dementsprechend vor leeren Ränegen antreten. Übrigens Fans vom SC Braga waren überhaupt nicht zugegen. Na gut Madeira liegt ja auch 1000 km vom portugiesischen Festland entfernt und das Spiel fand an einem Freitagabend statt. Die Fans des CS Maritimo konnten zum Glück Englisch und so kam ein reges Gespräch zustande. Voller Stolz wurde mir erzählt, dass der CSM vor zwei Jahren im UEFA-Pokal Juventus Turin zu Gast hatte und nur durch ein Tor von Juve unglücklich verlor. Letztes Jahr spielte man gegen Leeds United, bei beiden Spielen war das Stadion natürlich ausverkauft. Ich konnte die Madeirenser überzeugen, dass Arminia der beste Verein Hannovers ist, da bereits 1950 der SVA gegen Tottenham Hotspurs internationale Erfahrung sammeln konnte. Ich war wahrscheinlich sehr überzeugend, denn ein 15-16jähriger Fan fragte mich ernsthaft, ob denn der CS Maritmo gegen Arminia überhaupt eine Chance hätte. Ich ließ die Frage unbeantwortet. Vielleicht kommt der Klub aus Funchal mal in das Trainingslager nach Barsinghausen bzw. Arminia fährt in der Winterpause ausnahmsweise mal nach Madeira, dort könnte dann eine Antwort auf die Frage gefunden werden. Übrigens konnten wir noch eine Gemeinsamkeit beider Klubs entdecken, denn der CS Maritimo feiert in diesem Jahr ebenfalls sein 90-jähriges Bestehen. Na denn, herzlichen Glückwunsch!!
Ulf