20.11.1999, 14.00
Heute ans Mitterntor zu reisen, hätte Klaus-Michael Reuper gefallen. "St. Pauli ist mein Lieblingsverein", bekennt der Vorsitzende von Arminia Hannover gleich zu Beginn des Gesprächs. Als Bekannter des ehemaligen St. Pauli-Geschäftsführers Manfred Campe, fand der Arminen-Präsident während der glorreichen Ära der Braun-Weißen öfter an den Profi-Spielort. "Mich hat vor allem die einfache Atmosphäre beeindruckt", schwärmt Reuper, "keine VIPs, und die Pressekonferenz findet in einem Container statt".
Arminias bislang letzte große Zeit liegt noch ein paar Jahre weiter zurück. 1982 und 1987 erreichte die Nummer zwei in der niedersächsischen Landeshauptstadt immerhin zweimal die Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga. Nachdem man 1994 beinahe in die Fünftklassigkeit abgerutscht wäre, erholte sich der Club zwar. Doch erscheint es fraglich, ob sich der Verein für die zweigleisige Regionalliga qualifizieren kann. Obwohl Trainer Rainer Behrends mit Markus Erdmann einen Top-Torjäger in seinen Reihen hat, hält sich die Arminia schon allzu lange im trostlosen Tabellen-Mittelfeld auf. "Wir lassen Platz sechs nicht aus den Augen", beteuert Präsident Reuper jedoch - und rechnet vor: "Vor zwei Jahren standen wir zur selben Zeit ähnlich und sind auch noch Sechster geworden."
Andreas Köhns kann der mäßige Tabellenstand wenig anhaben. "Eigentlich war der Zweitliga-Aufstieg geplant", lacht der Mittdreißiger. Köhns ist eines der dienstältesten Mitglieder des Fan-Club 77, einer studentisch geprägten Gruppe von 15 bis 20 Personen, die die Arminia auch auswärts begleiten - und ein recht ungewöhnliches Maskottchen mit sich führen. Statt einer Nachbildung des cheruskischen Vereinspatrons Arminius bevorzugen sie eine Ikone aus dem Genre des Horrorfilms. Inspiriert von einer Szene aus dem Trash-Movie "Das Leben nach dem Tod in Denver", in der ein Mann seinen Rivalen mit ähnlichen Worten niederballert, lassen die Anhänger ihre Gegner lautstark wissen: "Ihr seid Japan - und wir sind Godzilla." (Anm. d. FC77: Der Gesang lautet eigentlich: "wir sind Godzilla - Ihr seid Japan") Zur Untermauerung dient eine Plastik-Nachbildung des metropolenkillenden Monsters (Foto), die Fanclub-Mitglied und "Japan-Trash-Monster-Film-Freund" Dirk von der Heide kurz nach dem Aufkommen des wohl einmaligen Anfeuerungsrufs geschenkt bekam.
Mit Godzilla im Gepäck schaffte die Arminia 1997 den Wiederaufstieg in die dritthöchste Spielklasse. Doch während Ortsrivale 96 nach einem jahrelangen Tief wieder in der Spitzengruppe der 2. Liga mitmischt, muss die Arminia sich strecken um Aufmerksamkeit zu erlangen. Knapp 1000 Besucher zählt der Kassierer bei den Heimspielen am Bischofsholer Damm. "96-Fans kommen nicht zu uns", weiß Präsident Reuper, "da müssten wir schon sehr gut spielen, um mehr Leute zu uns zu ziehen". Die Claims in Niedersachsens Hauptstadt scheinen abgesteckt - daran kann wohl auch Godzilla nicht rütteln.