02.05.2010, 15 Uhr
HAZ, 28.04.2010
Zum 100. Geburtstag ein Aufstieg
Mehr Tore, weniger Schulden: Bei Arminia Hannover geht es wieder aufwärts / Relegation als große Hürde
VON DIETER KÖSEL
Hannover. Arminia Hannover wird am 1. Mai 100 Jahre alt. Offiziell gefeiert wird am 7. August mit dem Freundschaftsspiel im Rudolf-Kalweit-Stadion gegen den FC St. Pauli, der dann mit großer Wahrscheinlichkeit ein Fußball-Erstligist sein wird. Und bis dahin wollen auch die „Blauen“ ihren Aufstieg unter Dach und Fach gebracht haben, und zwar in die Oberliga Niedersachsen. Derzeit sieht alles danach aus, als seien Trainer Stefan Gehrke und sein Team auf Kurs. Der Titel in der Bezirksoberliga Hannover sollte ihnen kaum noch zu nehmen sein. Es ist noch gar nicht lange her, da schien der Traditionsverein am Ende zu sein. Ein Schuldenberg in fast siebenstelliger Höhe drückte. Arminia, dem eigenen Selbstverständnis nach die Nummer 2 in Hannovers Fußball, stieg aus der Oberliga ab und stand vor einem Scherbenhaufen. Ein drohendes Insolvenzverfahren konnte jedoch abgewendet werden, auch die Turbulenzen um einen neuen Vorstand gehören der Vergangenheit an. „Die Konsolidierung des Vereins und der sportliche Aufschwung gehen Hand in Hand“, bekräftigt Vorstand Frank Willig. Die Arminen haben noch vier Partien ausstehen und führen die Tabelle souverän an, der Vorsprung vor Verfolger Germania Egestorf/Langreder ist mehr als komfortabel. „Uns fehlen noch drei Punkte“, sagt Gehrke und verweist auf das Torverhältnis von 94:36, das als zusätzlicher Punkt zu werten sei. Seine Elf steht für bedingungslosen Offensivfußball und agiert stets mit drei Spitzen. „Wir haben das Team nach dem Abstieg so zusammengestellt“, sagt der Trainer, „und wie man nun sieht, ist das der richtige Weg.“ Die Zuschauer honorieren es, 300 bis 500 werden pro Spiel gezählt. Auch in dieser Hinsicht geht es wieder nach oben. Das Gerüst der „neuen Blauen“ bilden
Abwehrspieler Marcel Ibanez, Regisseur Tugay Tasdelen und Torjäger Garip Capin, die schon lange die Vereinsfarben tragen und mit ihrer Routine unverzichtbar sind. Der neuformierte Kader ist ein gelungener Mix aus erfahrenen Spielern wie Florian Herold oder Paul Janke im Mittelfeld und Talenten wie Andre Buchholz oder Carsten Folprecht in der Abwehr. Offensivakteur Marcel Kattenhorn hat den Talentstatus abgelegt und zeigt Konstanz. Es spricht für die Qualität, dass es sich Gehrke sogar leisten kann, den nach Capin (26 Tore) mit 17 Treffern erfolgreichsten Angreifer, Dimitrios Alexoudis, zuweilen auf der Bank schmoren zu lassen. Der Titel wird jedoch erst zu einer wahren Meisterschaft, wenn Arminia die Relegation erfolgreich bestreitet und aufsteigt. Vom 6. Juni an will sich der Klub mit dem Titelträger der Bezirksoberliga Weser/Ems, dem Neunten der Oberliga West und dem Zehnten der Oberliga Ost auseinandersetzen. Da wird die Konkurrenz deutlich härter sein. „Darauf werden wir
vorbereitet sein“, sagt Gehrke selbstbewusst. So wird derzeit vor allem daran gearbeitet, dass die Räume zwischen Abwehr und Mittelfeld nicht zu groß geraten – Arminia macht sich fit für die Aufstiegsspiele. Dass auch in der beschaulichen Bezirksoberliga außerhalb des Spielfeldes zuweilen mit harten Bandagen gekämpft wird, zeigt sich ausgerechnet bei der Rückkehr des Erfolges. Pünktlich zum Ligaschlussspurt machen Gerüchte die Runde, dass den „Blauen“ im Falle eines Aufstiegs die Lizenz nicht erteilt werden könne und deshalb dem 2. Tabellenplatz besondere Bedeutung zukäme. „Mir fällt kein Grund ein, der eine Lizenzverweigerung rechtfertigen würde“, sagt Kai Tolksdorf, „unsere fi nanzielle Situation ist gut wie lange nicht mehr.“ Arminias Vorstand beziffert die Verbindlichkeiten auf derzeit rund 10 000 Euro. Es sieht also danach aus, dass bei Arminia zu Beginn des neuen Jahrhunderts Vereinsgeschichte einzig aus sportlichen Gründen gezittert werden muss. Und damit können die
„Blauen“ nach den leidigen Erfahrungen in der jüngeren Vergangenheit gut leben.
Neue Presse, 30.04.2010