02.11.2003, 14.30 Uhr
Schade, dass dieses Spiel nicht in Bischofshol stattfand. Die stimmungsvolle Kulisse von über 1000 Zuschauern hätte sich am Bischofsholer Damm sicherlich besser gemacht als im immer wieder seltsam anmutenden Eilenriedestadion. Aber der Verband wusste ja zu verhindern, dass der SV Arminia auch nur bei einem der Derbies in der Hinrunde Heimrecht hat. Das Spiel begann recht flott und die Gastgeber waren von Beginn an spielbestimmend ohne große Gefahr für das von Alexander "Gecko" Dlugaiczyk gehütete Arminen-Gehäuse zu erzeugen. Arminia war bis Mitte der ersten Halbzeit nicht im Angriff zu sehen, doch dann wurde teils sehr ansehnlich in Richtung des gegnerischen Tores gespielt. Chancen gab es allerdings kaum. Doch dann eroberte Zeki Ari in der Mitte der 96-Hälfte den Ball und lief in Richtung Tor. Nur mit einer klaren Notbremse im Strafraum konnte Ari vom Ball getrennt werden. Nun erwartete jeder im Stadion den fälligen Pfiff des Spielleiters, doch dieser ließ groteskerweise weiterspielen. Es sollte nicht die einzige Fehlentscheidung dieses regelunkundigen Mannes bleiben. Kurz darauf spielte bei einem Zweikampf ein 96er unter den Augen des zwei Meter (!) entfernten Linienrichters den Ball ins Toraus. Nun wird das Spiel nach solch einer Aktion gemeinhin mit Torabstoß fortgesetzt, hier gab es natürlich einen Eckball. Wahrscheinlich kann man sich in der früheren Hindenburg-Kampfbahn nicht vorstellen, dass ein Rechtsaußen von so etwas wie einer Linie aufgehalten werden kann. Die Ecke flog hinein und die immer noch erboste und deshalb unsortierte Abwehr der Götter im grünen Dress köpfte das Leder zum 0:1 ins eigene Netz. Kurz darauf war Halbzeit und es gab genug Stoff für erregte Diskussionen. Die zweite Halbzeit brachte zunächst keine Änderung des Spielverlaufs. Dlugaiczyk klärte zweimal glänzend und wurde dann erneut vom eigenen Mann überwunden. Das 0:2. Aber der SV Arminia gab sich nicht geschlagen und übernahm die Kontrolle über das Spiel. Natürlich gab es für die Roten nun Raum zum Kontern, den sie zum Glück nicht nutzten. Der Referee hatte inzwischen auch ein paar Karten verteilt und zwar ausschließlich für Arminen. Joe Yankson von 96 bekam dann seine Karte wohl auch nur deshalb, weil der Schiedsrichter von seinem früheren Engagement bei Arminia wusste und ihm diese Konzessionsverwarnung deshalb nicht so schwer gefallen ist. Ab der 70. Minute spielte nur noch der SVA, immer wieder lautstark von seinen Anhängern nach vorn gepeitscht. Und tatsächlich wurde das Anrennen belohnt. Tugay Tasdelen verkürzte und die letzten Minuten des Spiels sollten wieder einmal eine Nervenprobe werden. Leider reichte es trotz guter Chancen dann nicht mehr, trotzdem wurde die Mannschaft nach Spielschluss mit viel Applaus verabschiedet. Wenn sich gegen die Kickers das Lazarett ein wenig gelichtet haben sollte, dann ist mit der Leistung der zweiten Halbzeit durchaus was drin. Dirk
Neue Presse, 03.11.2003
VON CHRISTOPH DANNOWSKI
HANNOVER. Lags an der tierischen Überlegenheit außerhalb des Platzes? Während Arminias Glücksschwein Wühlfried einen freien Nachmittag auf dem Reiterhof Brüning in Schloss Ricklingen (gehört den Eltern von SVA-Verteidiger Jörg Brüning) verlebte, hatte 96 Hündin Jil an die Außenlinie platziert. Die Golden-Retriever-Dame an der Leine von Trainersohn Marcel Goslar sollte die Roten zum Sieg kläffen - und sie tat das so eindrucksvoll, dass 96-Klubchef Martin Kind hinterher vom „goldenen Wochenende“ schwärmte: „Wir feiern Siege der Profis, der ersten und zweiten Amateure, der A- und B-Jugend. Wunderbar.“ Nun haben neben Jil auch noch andere Dinge mitgespielt beim 96-Sieg vor 1200 Fans bei diesem so prestigeträchtigen Stadtderby. Das rasante Start-Tempo von 96 etwa, Kind fand die „jungen Leute wirklich spritzig“, und auch die Schlafmützigkeit der Gäste. „Die erste Halbzeit haben wir völlig verpennt“, gab Arminia-Trainer Hilger Wirtz zu - es gab null Chancen und ein Gegentor, das es nicht hätte geben dürfen. Erstens, weil eine unberechtigte Ecke den Treffer einleitete - zweitens, weil der Kopf von Armine Marcel Ibanez das 1:0 für 96 erst perfekt machte. „Die Roten müssten höher führen“, fand Hildesheims Trainer Uwe Cording zur Pause - er hatte 4:1 getippt und war „von Arminia enttäuscht“. Nach einer Stunde schien das Derby entschieden. Auch Arminias Stephen Kroll hatte nur das eigene Tor getroffen, alles sah nach einem hohen 96-Sieg aus. Aber weil „wir aufgehört haben, Fußball zu spielen“, wie Goslar später ärgerlich feststellte, kam Arminia überraschend zu Möglichkeiten und dem Anschlusstreffer durch Tugay Tasdelen. Mehr war nicht drin - wie auch, wenn das Maskottchen der Blauen an so einem wichtigen Tag blau macht …
HAZ, 03.11.2003
Von Christian Otto
Hannover. Gürman Agac nippte an seiner Trinkflasche, ließ sich auf die Schulter klopfen und grinste. „War doch souverän. Oder?“, meinte der überragende Mann des gestrigen Derbys der Fußball-Oberliga. Klar, der 20-Jährige hatte die Amateure von Hannover 96 zu einem 2:1 (1:0)-Erfolg gegen Arminia Hannover geführt. Aber als nach Spielschluss ein wenig gefeiert wurde und Agac den Trubel im Eilenriedestadion sichtlich genoss, stand ein paar Meter entfernt sein Trainer Jörg Goslar. „Ich sehe das Unheil meistens kommen“, sagte er. Im Grunde brüllte er immer noch. Denn sein Team hatte den Sieg fast noch verspielt. „Die Jungs sind nicht in der Lage, 90 Minuten auf hohem Niveau zu spielen“, fand Goslar. Dass mancher Fan den Anfang der Partie verpasste hatte, weil der Andrang an den Kassenhäuschen kaum zu bewältigen war, musste niemand ärgern. Denn obwohl Arminia zuletzt viermal in Folge gewonnen hatte, begannen die „Blauen“ ängstlich und passiv. Trainer Hilger Wirtz hatte auf Grund vieler Verletzter eine Verlegenheits-Elf aufgeboten. „Ich bin auch verletzt und wollte absagen“, meinte der starke Defensivspieler Marcel Hagmann, „aber ich habe den Trainer nicht erreicht.“ Arminia kämpfte und rackerte. Doch die spielerische Überlegenheit der 96-Amateure war vor der beachtlichen Kulisse von 1200 Zuschauern - darunter 96-Klubchef Martin Kind und Bundesligaprofi Vinicius - nicht zu übersehen. Wie gut ein Spiel wirklich ist, zeigt oft das Geschehen an der Seitenlinie. Die Balljungen, die sich in den ersten 30 Minuten noch mit Kurzpässen untereinander bei Laune hielten, beobachteten nach der Halbzeitpause voller Staunen das Spielfeld. Denn dort wurde gegrätscht, gefoult und gemeckert, als ob kein Schiedsrichter auf dem Platz war. In der Anfangsphase, bei einem Foul an Arminias Angreifer Zeki Ari im Strafraum, pfiff der Unparteiische nicht. In der Schlussphase, als der 96er Björn Lindemann in ähnlicher Position zu Fall gebracht wurde, pfiff Thorsten Hems wieder nicht. Also pfiffen die Zuschauer. Der schwache Referee, dessen Assistent auf dem Weg in die Umkleidekabine von so genannten Fans bespuckt und geschubst wurde, wird wohl keinen freundlichen Bericht über eine harte Begegnung voller Emotionen verfassen. Vor allem die letzten 15 Minuten, in denen Arminia mit bis zu fünf Angreifern das 96-Tor berannte, waren das Eintrittsgeld wert. „Da haben wir endlich mutiger gespielt“, meinte SVA-Trainer Wirtz. Hatte sein Team bis dahin noch versucht, nur mit Kampf zum Erfolg zu kommen, gesellte sich in der Sturm- und Drangphase der „Blauen“ noch ein wenig Spielwitz hinzu. Doch Ari, der 96-Spieler Joe Yankson als schlechtesten Mann auf dem Platz entlarvte, und Garip Capin ließen beste Chancen aus. Auf der Gegenseite gelang es Gastgeber 96 nicht, den entscheidenden Konter zu setzen. Was Lindemann, Aleksandar Kotuljac und Denis Wolf auch anstellten - irgendein Abwehrbein der tapferen Arminen stand immer noch im Weg. Zweimal, darauf bestand Trainer Wirtz, hatte sich Arminia selbst ein Bein gestellt. „Beide Treffer für 96 waren Eigentore“, meinte der 38-Jährige. Sein Gegenüber sah das gelassen. Goslar hatte extra, als Antwort auf Arminias neues Glücksschwein „Wühlfried“, seinen Hund „Jil“ mitgebracht. Aber „Wühlfried“ war während der Auswärtspartie, bei der 96 am Ende ein wenig Schwein hatte, doch in seinem heimischen Stall gelassen worden.
Jörg Goslar (96-Trainer): „Ich habe meinen Spielern vor der Partie die Bedeutung dieses Derbys erklärt. Nach diesem Spiel haben sie begriffen, was es heißt, wenn Rot gegen Blau spielt. Im Großen und Ganzen waren wir ein Tor besser.“
Hilger Wirtz (Arminia-Trainer): „Wir haben schwer ins Spiel gefunden. Doch wie wir in Rückstand geraten sind, das war schon ärgerlich. Alle im Stadion außer dem Schiedsrichter haben es besser gesehen. Unterm Strich ist der Sieg okay.“
Martin Kind (96-Klubchef): „Das war ein spannendes Lokalderby mit hohem Tempo. Unsere Mannschaft war verdienter Sieger.“
Rüdiger Uphoff (Ex-Arminen-Manager): „Ein verdienter Sieg, 96 war über 60 Minuten besser. Angesichts unserer prekären personellen Situation können wir auf die letzten 30 Minuten aufbauen.“
Nils Pfingsten (96-Spieler): „In der 1. Halbzeit haben wir Arminia an die Wand gespielt, in der 2. Halbzeit stand unser Sieg auf der Kippe. Er war trotzdem verdient.“
Denis Wolf (96-Stürmer): „Wir haben gut begonnen, sind aber zu leichtfertig mit unseren Chancen umgegangen. Das hätte noch schief gehen können.“
Marko Schwabe (Arminia-Spieler): „Wir haben Pech gehabt und müssen uns die Punkte woanders wiederholen.“
Tugay Tasdelen (Arminia-Spieler): „Ohne die Fehlentscheidung des Schiedsrichters wären wir mit 0:0 in die Pause gegangen. Als wir aufgemacht haben, waren die Torchancen da.“ kös
Tore: 1:0 (43.) Ibanez köpft nach einer Ecke von Lindemann ins eigene Tor. Die Ecke war irregulär, weil Lange den Ball ins Aus befördert hatte. 2:0 (60.) Kroll fälscht einen Schuss von Agac ins eigene Tor ab. 2:1 (82.) Tasdelen lupft den Ball über 96-Torhüter Haas.
96-Amateure: Haas - Lange, Aischmann, Agac, Yankson (85. Winzer) - Pfingsten, Wolf (79. Demircan), Schinner - Kotuljac (61. Rosenthal), Balke, Lindemann.
SV Arminia: Dlugaiczyk - Hagmann - Teßmar, Schwabe, Ibanez - Kroll (64. Harms), Jürgensen (64. Capin), Toussaint - Tasdelen - Näfe, Ari.
Zuschauer: 1200.
Schiedsrichter: Hems (Nordstrand).
Beste 96er: Agac, Lindemann, Aischmann.
Beste Arminen: Ari, Hagmann, Schwabe.
Bild, 03.11.2003
Selber Schuld. Arminia ließ Glücksschwein "Wühlfried" beim Derby bei den 96-Amateuren im Stall. Ging natürlich schief: 1:2-Pleite vor 1200 Fans. Der Sieg könnte 96 noch teuer zu stehen kommen. Ein Schiri-Assistent soll in der Halbzeit bespuckt und geschlagen worden sein. Das Spiel: Umstrittenes 1:0 (Ball war vorher angeblich im Aus) durch Aischmann (43.). Dann traf Arminia doppelt: Kroll zum 2:0 ins eigene Tor (60.), Tasdelen verkürzte auf 2:1 (82.).