17.03.2002, 15 Uhr
Neue Presse, 12.03.2002
Rainer Behrends (50) stand für Erfolg. Die Talfahrt mit Oberligist Arminia Hannover konnte der Trainer aber nicht mehr stoppen - vorzeitige Trennung nach sechs Jahren. Die NP fragte nach.
VON STEPHAN SCHMIDTCHEN
Wie haben sie in der Nacht nach dem 1:3 in Langenhagen und dem Ende ihrer Arbeit beim SV Arminia geschlafen?
Ganz gut. Ich habe das Ganze locker weggesteckt.
Alles wie immer?
Nein, natürlich nicht. So einen Abgang - es war ein Rücktritt - habe ich nicht erwartet. In 17 Jahren als Coach war ich immer nur oben, trainierte meist die Nummer zwei in Hannover. Die vielen Aufstiege....
Warum haben Sie die Saison mit Arminia nicht zu Ende gebracht?
Nach meiner Wechselankündigung im Oktober haben wir kein Spiel mehr gewonnen. Dabei habe ich alles versucht. Zum Schluss wars einfach unerträglich.
Was war unerträglich?
Nichts mehr bewegen zu können. Mein Ruf stand auf dem Spiel.
Sind die Spieler schuld?
Es kam viel zusammen. Die namhaften Zugänge haben nicht eingeschlagen, schon unser Start war schlecht, die vielen Verletzten, dann die Gehaltskürzungen und so weiter. Trotzdem müssen die Spieler ein schlechtes Gewissen haben. Ich erwarte deshalb, dass die Mannschaft nun wieder Gas gibt.
Welche Fehler hat der Verein gemacht?
Arminia hat frühzeitig einen Neuaufbau angekündigt. Mit Jürgen Scholz an der Klubspitze kann das auch was werden. Die Verantwortlichen haben sich mir gegenüber grundsätzlich korrekt verhalten.
Wohin zieht es sie denn nun?
Tja - noch am Sonntagabend erreichten mich drei neue Angebote. Übrigens von Klubs, die noch einen Trainer unter Vertrag haben. Ich werde mich aber erst in einer Woche entscheiden. Fest steht, dass ich in Hannover bleibe. Mein Job als Vollstreckungsbeamter bei der Stadt ist mir lieb.
Haben Sie nun ein wenig Zeit zum Entspannen?
Ja, ich werde öfter mal um den Maschsee radeln.
Neue Presse, 12.03.2002
Vertrauensvorschuss für Jürgen Scholz: Einstimmig wurde der 35-jährige Rechtsanwalt gestern Abend im SVA-Tennisheim zum neuen Arminia-Vorsitzenden gewählt. Neuer Vize ist Harry Wiesner (43, Diplombetriebswirt). Außerdem gewählt: Berndt Blumenthal, Henry Bosse, Horst Schulz (alle Beisitzer), Klaus Lange (Schatzmeister) und Wolfgang Lange (Fußballobmann). Den neuen Vorstand erwarten gleich neue Probleme. "Um die Saison zu Ende bringen zu können, müssen wir einen Kredit von 30000 Euro aufnehmen", verriet der scheidende Präsident Klaus Reuper. 90000 Mark Altschulden haben die Bischofsholer ja bereits. Und wie geht es sportlich weiter mit Arminia? Zunächst muss ein Übergangstrainer her, bis Hilger Wirtz (noch bei Fortuna) im Juli antritt. Und "das ist ein Problem", sagt Jürgen Scholz (35). Arminias neuer Klubchef: "Wir stecken mitten im Abstiegskampf. Da können wir ja nicht irgend jemand nehmen. Doch die guten Trainer sind für diese kurze Zeit kaum zu bekommen." Er hat aber auch anderes zu tun: Der Neuaufbau muss langsam Formen annehmen. Mit einigen externen Spielern - Patrick Werner vom SC Langenhagen soll ein Kandidat sein - wurde schon gesprochen. "Demnächst kommen alle Arminen dran." Der Stamm soll bleiben, so Scholz, der auch Torjäger Markus Erdmann (denkt ans Aufhören) halten möchte. Weitere Namen "gibt's noch nicht". Teure Spieler wie Garip Capin werden kaum zu halten sein. sch
Ich weiß nicht, was am letzten Montagabend in Klaus Reuper gefahren ist? Aber bei seinem Abgang als 1. Vorsitzender des SV Arminia hat er sich dem zuletzt gezeigten Niveau der 1. Herren angepasst. Es muss dem Klaus schon sehr weh getan haben, 1990 erst den Verein vor dem Insolvenzrichter gerettet zu haben, um am Ende seiner Amtszeit den Verein wiederum in massiven finanziellen Schwierigkeiten zurückzulassen. Das hatte er sich sicherlich ganz anders vorgestellt. Ein Denkmal in Form des erneuten Aufstiegs in die Regionalliga wollte er sich zum Ende seiner Laufbahn setzen und sollte der krönende Abschluss seiner Amtszeit sein.
Um den Siegeslorbeer in die Landeshauptstadt zu tragen, verstärkte Klaus und sein Hofstaat zu Beginn der Saison die königliche Fußballgarde. So wurde den Oberneureichen aus der Hansestadt Bremen noch erfolgreich in den Allerwertesten getreten. Doch schon bei der Belagerung der(s) Rotenburg(er SV) wurde dem mitgereisten Heerlager die Beschränktheit der Mittel bewusst. Spätestens am Marschweg, nach dem erfolglosen Berennen der Oldenburg, glaubten nur noch die Hofnarren an die Erringung der Meisterschale. Aber es kam alles noch viel schlimmer für Klaus den Ersten. Nachdem sein tapferster Ritter Anna Behrends von Ricklingen seinen baldigen Abschied aus dem königlichen Heer verkündet hatte und die Liquidität des Staatssäckels gegen Null tendierte, zog es Benedetto von der traurigen Gestalt vor, bei einem traditionslosen Vorortclub anzuheuern. Frank Meißner machte dass, was er am besten konnte, nämlich Bier verkaufen und unser skipetarischer Wunderstürmer Skerdi der Große wurde auf dubiose Art und Weise aus dem Reich der Blauen verbannt. Die Moral der Truppe sank von Turnier zu Turnier und der mitreisende Tross wünschte den verbliebenden Rittern alsbald den Beelzebub an den Hals. Traurig wehten die grün-weiß-grünen Fahnen am Bischofshol und es schienen alle Dämme zu brechen. So dankte der Waffenmeister Anna ab, um ein Zeichen zu setzen und das ausgerechnet einen Tag bevor sich Klaus der Erste auf das wohlverdiente Altenteil setzen wollte. Viele schöne Tage hatte Klaus in seiner Amtszeit erlebt. Z.B. der erfolgreiche Kampf gegen die Heiden aus Holstein, verbunden mit dem glorreichen Aufstieg in die Regionalliga oder am 13. Februar im Jahre eintausendneunhundertachtundneunzig des Herrn, wo die Despoten der bösen roten Wölfe in die ewigen Jagdgründe befördert wurden. Sein Reich lag nun in Scherben da und das Tafelsilber war auch noch dafür geopfert worden. Das Volk wollte nun an diesem besagten Montagabend, von dem eigentlich geschätzten Regenten, das ganze Ausmaß des finanziellen Desasters erfahren. Doch erst nach peinlicher Befragung gab Klaus kleinmütig zu, dass 30-40000 Eurolinge zum Ausgleich der Staatsfinanzen benötigt würden. Das war jetzt nun das Denkmal, was am Ende seiner aktiven Zeit stand und zwölf schwere und entbehrungsreiche Jahre beendete. Aber es war Licht am Ende des Tunnels zu sehen, denn mit Jürgen dem Rechtschaffenden wuchs eine neue Lichtgestalt wie der Phönix aus der Asche und das Volk schrie einstimmig : Der König ist tot, es lebe der König! Ulf
Sicher war die relativ schroffe Reaktion Klaus Reupers auf die Nachfragen nach den Finanzen des SV Arminia überzogen. Doch hatte er vorher den Stand der Schulden (45000 Euro) verkündet und auch die nötige Neuverschuldung (ca. 30000 Euro) angekündigt. Das Reuper nach einer desaströsen Saison angefressen ist, scheint mir verständlich. Die finanzielle Situation schätze ich nicht so dramatisch ein wie Ulf, denn hätte sonst ein mit dieser Lage vertrauter Kreis die schwere Bürde der Vereinsführung übernommen? Außerdem ist es jedem Mitglied des SV Arminia gestattet, nach Terminabsprache, die testierte Bilanz in der Geschäftsstelle einzusehen. Dirk
Neue Presse, 13.03.2002
Der Präsident als Trainer: Jürgen Scholz trainiert Arminias-Oberliga-Elf - "vorerst". Der frisch gewählte Klubchef leitete gestern die erste Übungseinheit nach der Trennung von Rainer Behrends. Glücklich ist Scholz - vor einem Jahr noch im Team - "mit der Lösung nicht". Problem: Im Juli übernimmt Hilger Wirtz (noch bei Fortuna), und für die Übergangszeit stehe " kein guter und günstiger Coach zur Verfügung". Das Team reagierte positiv. Kapitän Marko Schwabe: "Für uns geht's um den Klassenerhalt. Es ist besser, wenn der Trainer die Spieler gut kennt." Die Belastung ist Scholz "eigentlich zu viel" Sonntag gegen Oldenburg wird er aber wohl auf der Bank sitzen. sch
Kicker, 14.03.2002
Befindet sich Arminia Hannover in der Krise oder nicht? Die Antwort wird das Auftreten der in diesem Jahr noch sieglosen "Blauen" im Heimspiel gegen den VfB Oldenburg geben. Unmittelbar nach der bitteren 1:3-Pleite im Derby beim SC Langenhagen war Trainer Rainer Behrends zurück getreten. Auf Wunsch der Mannschaft übernahm Jürgen Scholz das Training. "Er hat mit den meisten von uns noch zusammengespielt, kennt uns ganz genau", sagt Kapitän Marko Schwabe. Scholz ist damit in Doppelfunktion tätig, denn am Montag übernahm der ehemalige Ligaspieler auch den Vereinsvorsitz. Der 35-Jährige hat seinen Spielern nun Gesprächstherapie verordnet. "Das Potenzial ist da, das Problem ist in den Köpfen", hat Scholz erkannt. Neues Selbstbewußtsein will er vermitteln, die zuletzt nicht mehr vorhandene Hierachie erneuern, erfahrene Spieler mit in die Verantwortung nehmen. Personell ist die Lage für den neuen Coach schwierig: Reuther und Fiedler plagen sich mit Knieverletzungen, Brüning mit Grippe - fast die gesamte Abwehrreihe droht auszufallen. Zudem ist Capin gesperrt. Scholz: "Wir müssen die Situation als Chance nutzen." "Eine solche Einstellung lasse ich mir nicht noch einmal gefallen. Hier scheinen einige Spieler ihr eigenes Süppchen kochen zu lassen. Das wird personelle Konsequenzen haben", kündigte Wolfgang Steinbach, Trainer des VfB Oldenburg, nach der schwachen Vorstellung beim 1:1 gegen Weyhe an. Gleichzeitig sicherte Präsident Berster dem Coach das weitere Vertrauen zu. Somit sind am Sonntag in Hannover einige Veränderungen in der Aufstellung der Oldenburger zu erwarten. Zumal auch Libero Rock Malonga auf Grund einer Muskelzerrung ausfallen wird. Für ihn könnte der etatmäßige Co-Trainer Christian Neidhard zum Einsatz kommen. Die endgültige Entscheidung über die Aufstellung will der Trainer am Samstag nach dem Abschlusstraining fällen. DIETER KÖSEL/HEINZ ARNDT
Neue Presse, 16.03.2002
Spiel eins nach der Trennung von Trainer Rainer Behrends. Schafft Jürgen Scholz die Wende beim SV Arminia? Der neue Klubchef sitzt morgen (Anstoß 15 Uhr) gegen den VfB Oldenburg auch als Coach auf der Bank. "Wunder sind nicht zu erwarten", bremst Scholz, "ich kann in einer Woche nicht alles umkrempeln". Eines müsse sich aber schon ändern: "Ich will Einsatz sehen," so Scholz. "Die Partie wird ein Selbstläufer", verspricht Kapitän Marko Schwabe. Probleme gibts in der Abwehr: Brüning hat Grippe, Reuther und Fiedler sind "ziemlich angeschlagen". sch