10.03.2002, 15 Uhr
Was soll man nach so einer (Nicht-) Leistung des SV Arminia schreiben? Ich könnte jetzt rummeckern, weil die meisten Akteure einen kleineren Aktionsradius als die Figuren bei Madame Tussauds hatten. Aber nützt das was? Ich könnte meiner Hoffnung Ausdruck geben, dass im nächsten Spiel alles besser wird, aber das dachte ich schon nach dem Spiel gegen Einbeck. Die Wahrheit ist, dass ich nicht weiß was mit dieser Mannschaft los ist. Ist es das gekürzte Gehalt? Haben die Spieler keine Lust mehr für den SV Arminia zu spielen? Wenn ja, dann sollten sie sich schleunigst einen neuen Klub suchen, denn dann kann auf sie verzichtet werden. So darf es auf keinen Fall weiter gehen. Verlieren darf das Team, aber nicht ohne jede Gegenwehr und ohne auch nur ein Quäntchen Einsatz zu zeigen. Der bisher heimsieglose (!) Tabellenletzte (!!) führte Arminia in der ersten Halbzeit vor und in der zweiten Hälfte kam der SVA nur durch einen zweifelhaften Elfmeter, den Markus Erdmann verwandelte, heran und schaffte es später nicht gegen die, auf acht Feldspieler dezimierten, Gastgeber zwingende Torchancen herauszuspielen. Arminia steht jetzt mitten im Abstiegskampf. Es wird Zeit, dass diese Tatsache auch von der Mannschaft realisiert wird. Dirk
Coach Rainer Behrends verkündete nach der Schande von Langenhagen seinen Rücktritt
Neue Presse, 11.03.2002
1:3-Pleite im Derby - das Aus für Arminias Trainer Rainer Behrends.
VON STEPHAN SCHMIDTCHEN
Die Entscheidung fiel noch auf dem Rasen. Direkt nach dem Abpfiff steckten Arminias Verantwortliche die Köpfe zusammen. Vor inzwischen leeren Rängen wurde heiß diskutiert. Das schnelle Ergebnis dann um 16.57 Uhr: Rainer Behrends muss gehen. Vorher hatte man sich wohl in aller Eile auf eine Abfindung geeinigt. Nach fast sechs Jahren bei Arminia sprach Behrends jedenfalls von einem "selbst gewählten Rücktritt". "Es musste was passieren", sagte Manager Rüdiger Uphoff. Der Schaden nach der anhaltenen Talfahrt und dieser neuen Blamage sei "nun einfach zu groß geworden". Das hörte sich in der vergangenen Woche noch ganz anders an, als Jürgen Scholz dem Trainer "volle Rückendeckung bis zum Schluss" verprach. Vorstandsmitglieder wie Vize Berndt Blumenthal waren aber offenbar anderer Meinung. Ob Ex-Arminenspieler Scholz - er kandidiert auf der heutigen Mitgliederversammlung als neuer Klubchef - auch bis Ende der Spielzeit den Trainerjob macht, ließ er offen. Darüber soll heute entschieden werden. Die Entscheidung im Derby war ebenfalls schnell gefallen. Die Arminen kickten einmal mehr lustlos vor sich hin und Langenhagen legte eine "grandiose erste Hälfte" (Trainer Ulrich Pigulla) hin. Nach sehenswerten Treffern durch Patrick Werner (3.), Björn Axmann (36.) und Benedetto Muzzicato lag der Tabellenletzte zur Pause bereits mit 3:0 vorn. Nach dem Wechsel kam auch noch Farbe ins Spiel: Die SCler Frank Niehe und Timo Marner bekamen gelb-rote Karten (56./69.) - doch auch in Überzahl spielten die Arminen viel zu umständlich. Es reichte nur zum Elfmetertor von Markus Erdmann (56.). Trotzdem war SCL-Manager Günter Altmann am Ende "patschnass geschwitzt", der erste Heimsieg war geschafft.
Langenhagener Jubel
Neue Presse, 11.03.2002
VON REINHOLD STEINKÜHLER
Wenn Klubs ihren Trainer weiterwerkeln lassen, obwhl sein Abschied zum Saisonende feststeht, kann das gut gehen - Schalke ist ein schönes Beispiel dafür. Meistens geht es aber schief, weil einer, dessen Nachfolger schon feststeht, rapide an Autorität verliert. Sogar dann, wenn er schon lange im Verein und ein Fußball-Denkmal wie Rainer Behrends ist. "Ich bin der Erfolg" stand auf dem T-Shirt , das die Arminen ihm einst bei der Aufstiegsfeier schenkten. Doch was zählen Triumphe von gestern, wenn aktuell eine Blamage der anderen folgt? Mit einer Mannschaft ohne sportliche Perspektive, die zudem auf einen Großteil ihrer Gehälter verzichten musste, konnte eben selbst Behrends nichts mehr reißen. Durch seinen Rücktritt hat er wohl gerade noch rechtzeitig verhindert, dass sein Ruf ruiniert wird.
Am Sonntag freute sich nur ein Team und es war nicht der SV Arminia
HAZ, 11.03.2002
VON BJÖRN FRANZ
Seine Entscheidung reifte in den ersten Minuten nach dem Schlusspfiff. Gerade hatte Rainer Behrends mit seinem SV Arminia Hannover in der Fußball-Oberliga mit 1:3 (0:3) beim Tabellenletzten SC Langenhagen verloren. Und alleine auf der Ersatzbank sitzend traf Behrends die Entscheidung, die er wenig später während der Pressekonferenz verkündete: Er trat vom Traineramt beim SV Arminia zurück. "Es gab keine andere Chance, die Mannschaft in die Verantwortung zu nehmen", erklärte Behrends, "für die Spieler gibt es jetzt keine Ausreden mehr." Der Gedanke an seinen Rücktritt sei ihm in den vergangenen Wochen schon mehrfach durch den Kopf gegangen, verriet der 51-Jährige. "Schließlich haben wir kein Spiel mehr gewonnen, seit ich meinen Abschied bekannt gegeben habe." Eine Trotzreaktion hatte er sich nach seiner Entscheidung in der Winterpause erhofft - doch die Reaktion der Mannschaft sah ganz anders aus. Es war schon erschreckend, wie sich die als Meisterschaftsanwärter in die Saison gestarteten Bischofsholer zuletzt präsentierten. Die 1. Halbzeit in Langenhagen war der Tiefpunkt - und für Behrends gleichzeitig eine Art Entscheidungshilfe. Mit 3:0 führte der Aufsteiger nach 45 Minuten. Und das Schlimmste war aus Sicht von Arminia, dass dieses Ergebnis völlig verdient war. Die Abwehr war ein Torso , das Mittelfeld ideenlos und der Angriff nur auf dem Papier vorhanden. Behrends wertete den 1. Durchgang als "die schlechteste Halbzeit, die wir in der gesamten Saison gespielt haben". Von Schadensbegrenzung sprach der Arminen-Trainer in der Kabine - gegen den Tabellenletzten wohl eine Bankrotterklärung. Dass die Gäste nach dem Seitenwechsel nicht völlig unter die Räder kamen und sogar noch von einer Wende träumen durften, lag weniger an einem Aufbäumen der ganz in Weiß gekleideten Hannoveraner als vielmehr an Schiedsrichter Martin Thorwesten aus Luthe. Mit Frank Niehe (56.) und Timo Marner (71.) verwies der Referee gleich zwei Langenhagener des Feldes - wobei Marner das Kunststück fertig brachte, innerhalb von sieben Minuten, die er auf dem Feld war, zwei Gelbe Karten zu sehen. So drängten die Arminen nach dem Treffer zum 1:3 knapp 20 Minuten lang mit zwei Spielern mehr auf das Tor der Gastgeber - ohne sich dabei allerdings viele Torchancen herauszuspielen. Immer wieder segelte das Leder hoch in den Strafraum. Und immer wieder kam der Ball postwendend wieder heraus. Wenn doch einmal ein Distanzschuss durchkam, war zudem SCL-Torhüter Michael Kreft mit einer Glanzparade zur Stelle. "Gegen neun Leute hätten wir uns mehr einfallen lassen müssen", meinte Behrends. Das war es, was er zum enttäuschenden Auftritt seiner Mannschaft zu sagen hatte. Dem letzten unter seiner Leitung. "Mein Rücktritt ist die letzte Chance, dass wir jetzt noch einmal etwas verändern können", erklärte Behrends. Und das Wort "wir" habe er dabei ganz bewußt benutzt. "Ich hatte fünfeinhalb tolle Jahre bei Arminia, und ich werde immer ein "Blauer" bleiben." Zur heutigen Mitgliederversammlung werde er aber nicht kommen. Dort soll mit Jürgen Scholz ein neuer 1. Vorsitzender gewählt werden. Dass er bis zum Saisonende auch den Trainerposten übernimmt, bezeichnet der designierte Klubchef als "eher unwahrscheinlich. Wir werden jemanden suchen, der es bis zum Saisonende macht", sagte Scholz.
HAZ, 11.03.2002
Der Kommentar
Jetzt ist er weg. Rainer Behrends hat seinen ganz persönlichen Schlussstrich unter die Zeit beim SV Arminia Hannover gezogen. Der vorzeitige Abschied beim Fußball-Oberligisten ist für ihn der vorläufige Tiefpunkt einer schleichenden Entwicklung. Nach jahrelangen Erfolgen in Bischofshol und bei den Sportfreunden Ricklingen wehte dem 51-Jährigen schon seit geraumer Zeit der Wind hart ins Gesicht. Allerdings war Behrends zuletzt auch in einer denkbar schlechten Situation. Die Verletztenmisere ließ den Traum Vom Aufstieg in die Regionalliga frühzeitig platzen, die Reduzierung der Spielergehälter tat ein übriges. Die Mannschaft noch zu motivieren, war angesichts dieser Voraussetzungen eine schier unlösbare Aufgabe. Behrends hat daher das einzig Richtige getan: Er hat sich zwölf Spiele und damit eine Menge Ärger erspart. Björn Franz
Bild, 11.03.2002
Arminia in der 4. Liga am Tiefpunkt: 1:3-Blamage beim Derby in Langenhagen (erster SCL-Heimsieg)! Dann gab Trainer Rainer Behrends (50) auf. Behrends frustriert: Das schlechteste Spiel in meinen sechs Jahren. Bevor ich das ganze Team austausche, ziehe ich selbst die Reißleine." Zu Rüdiger Uphoff (so verriet der Manager) hatte er zur Pause gesagt: "Kein Spieler hat mehr Lust." Da führte der SCL 3:0 (Tore: Werner, Axmann, Muzzicato). Nach dem Wechsel traf Erdmann gegen neun SCL-Spieler (Gelb-Rot für Marner und Niehe) per Elfer. Heute ist bei Arminia Mitgliederversammlung. Anwalt Jürgen Scholz will neuer Präsident werden, einen Übergangstrainer präsentieren. Zur neuen Saison übernimmt Hilger Wirtz (Fortuna). ae