11.08.2013, 15 Uhr
Neue Presse, 09.08.2013
HAZ, 09.08.2013
Die Wohlfühl-Liga
Fußball-Landesliga ist Hannovers attraktivste Amateurklasse / Aufstieg ist ein heikles Thema
VON HEIKO REHBERG
Bei den Fußballfans firmiert sie als Straßenbahnliga, was nicht ganz korrekt ist, weil keine Straßenbahn von Ramlingen bis nach Sulingen fährt und auch keine von Bischofshol bis Tündern. 6. Liga wäre korrekt, vielleicht trifft man es aber am besten, wenn man die Landesliga Hannover als die Wohlfühl-Liga der Region bezeichnet. Eine Liga, in der sich alle Vereine so pudelwohl fühlen, dass sie auf keinen Fall absteigen wollen, einige Klubs sogar manches anstellen, um bloß nicht aufzusteigen. Heute um 18.30 Uhr beginnt in der Landesliga die neue Saison mit dem Spiel TSV Burgdorf gegen TSV Fortuna Sachsenross. Die Anstoßzeit ist so gewählt, dass Zuschauer es noch problemlos aufs heimische Sofa schaffen, um von 20.30 Uhr an im Fernsehen dann Bayern gegen Mönchengladbach in der Bundesliga sehen zu können. Beim Kampf um Besucher müssen die Vereine einfallsreicher als früher sein, denn selbst bei Nachbarschaftsduellen, die es in der Landesliga reichlich gibt, bewegen sich die Zuschauerzahlen
im unteren dreistelligen Bereich. Manchmal stehen auch nur 56 Menschen am Spielfeldrand, Betreuer mitgerechnet. Dabei ist die Landesliga die attraktivste Amateurklasse. Wenn der OSV auf den HSC oder Arminia trifft, dann kennt man sich seit Jahren, für Spiele zwischen Heeßel, Burgdorf oder Ramlingen/Ehlershausen gilt das ebenfalls. Man kommt schnell von Hannover nach Mühlenfeld, und selbst von Heeßel nach Bavenstedt oder Neuhof ist es nicht mehr als eine gute halbe Stunde auf der Autobahn. Zudem fängt in der Landesliga das gehobene Amateurniveau an. Seit vor ein paar Jahren die Bezirksklassen abgeschafft wurden und die Vereine direkt von der Kreisliga in die Bezirksliga aufsteigen können, ist das Niveau unterhalb der Landesliga stark gesunken. „Vor 20 Jahren hätte die Hälfte der heutigen Bezirksligisten in der Kreisliga Schwierigkeiten gehabt mitzuhalten“, sagt ein ehemaliger Spieler. Die Landesligisten profitieren davon, vor allem junge Spieler mit Talent sehen zu, dass sie
mindestens in dieser Klasse einsteigen, um sich für einen Ober- oder Regionalligisten interessant machen zu können. Für die Klubs sieht das mit dem Aufstieg anders aus. In der Oberliga heißen die Gegner SSV Jeddeloh oder Drochtersen/Assel oder U.L.M. Wolfsburg, was bedeutet: lange und teure Fahrten, kaum gegnerische Fans, die mitkommen. Das finanzielle Risiko in der 5. Liga wäre so groß, dass es viele Landesligisten nicht eingehen wollen; die Bruchlandung des SC Langenhagen war nicht die erste Warnung. Auch in der kommenden Saison ist Arminia Hannover der einzige Klub, der klar kundtut, dass er gerne aufsteigen möchte. Der SV Ramlingen/Ehlershausen, der dank der Einnahmen aus dem Testspiel gegen die 96-Profis und geschicktem Management auf wirtschaftlich solideren Füßen steht als die meisten Konkurrenten, strebt zumindest "eine Platzierung unter den ersten drei an" (Trainer Kurt Becker). Das Nicht-aufsteigen-Wollen führt zu kuriosen Situationen, die bis zu rätselhaften
Niederlagenserien führen. Ein anderes Beispiel lieferte zuletzt die TSV Burgdorf. Vor zwei Jahren verzichtete der Verein auf das Einreichen einer Oberligalizenz; für die vergangene Spielzeit wurden die vollständigen Bewerbungsunterlagen zu spät eingereicht, wodurch in Burgdorf schnell das Gerücht die Runde machte, dass das nur eine andere Methode war, nicht in Aufstiegsgefahr zu geraten. Von den TSV-Verantwortlichen wird das freilich dementiert. Beim 1. FC Wunstorf, dem Meister der vergangenen Saison, war Trainer Jens Ullmann mit dem Aufstieg lange Zeit alles andere als glücklich. Seine Begründung: "Die Landesliga mit ihren vielen Derbys gefällt mir viel besser."